Es kommt, gerade in Großstädten, immer wieder zu Situationen, in denen ein Verkehrsteilnehmer zwar die Haltlinie vor einer Ampel noch bei „grün“ überfährt, es dann aber zu einem verkehrsbedingten Halt etwa wegen eines stockenden Verkehrs auf der Kreuzung kommt. Wer in einer solchen Situation weiterfährt, kann sich durchaus mit dem Vorwurf eines Rotlichtverstoßes, sogar eines qualifizierten Rotlichtverstoßes (mit der Folge eines 1-monantigen Fahrverbotes) konfrontiert sehen.

Das Kammergericht aus Berlin hat nämlich klargestellt, dass nicht allein entscheidend die Frage ist, zu welchem Zeitpunkt eine Haltlinie vor einer Kreuzung überfahren worden ist, sondern das konkret überprüft werden muss, wo der PKW-Führer mit seinem Fahrzeug zum halten kam und wo sich dieses Fahrzeug dann befand, als die Ampel auf rot umschaltete.

Ist dieser verkehrsbedingte Halt zumindest in Höhe der Lichtzeichenanlage, also des entsprechenden Ampelmastes gegeben, dann darf der Fahrzeug-Führer nach Beendigung der Verkehrsstockung nicht weiterfahren, ansonsten begeht er einen Rotlichtverstoß, wenn das Rotlicht schon über eine Sekunde leuchtete, sogar ein qualifizierter Rotlichtverstoß.

Es droht dann nicht nur eine empfindliche Geldbuße mit einer Punkteintragung bzw. einer Eintragung von zwei Punkten, darüber hinaus droht auch ein 1-monatiges Fahrverbot.

Entscheidendes Kriterium ist letztlich die Abgrenzung, ob das Fahrzeug noch vor dem sog. geschützten Kreuzungsbereich zum Halten kommt oder nicht. Dieser Bereich beginnt grundsätzlich an den sog. Schnittkanten der Kreuzung, also der gedachten Verlängerung der äußeren Fahrbahnkante in die Kreuzung hinein.

Ist eine Fußgänger- oder Fahrradfahrer-Furt vorgelagert, dann beginnt der Kreuzungsbereich schon dort. Konkret bedeutet dieses, dass ein Fahrzeugführer der nicht sicher schon auf der Kreuzung zum verkehrsbedingten Halt kommt, in jedem Fall besser beraten ist, dann dort stehen zu bleiben, wo er zum Halt gekommen ist und dann abzuwarten, bis sich der rückwärtige Verkehr ihm wieder nähert, um erst bei der nächsten Grünphase dann die Kreuzung zu überqueren.

Hierbei ist auch zu beachten, dass bei Kreuzungen mit einer Fotoüberwachungsanlage die Auslösung eines Überwachungsfotos grundsätzlich zweifach stattfindet.

Die erste Auslösung findet an der Haltlinie statt (hier droht in dem vorstehend beschriebenen Fall keine Gefahr), die zweite Auslösung findet grundsätzlich erst im Kreuzungsbereich statt, sodass letztlich hierdurch eben auch die Möglichkeit der Dokumentation des Einfahrens in den geschützten Kreuzungsbereich gegeben ist.

Die Erfolgsaussichten einer Verteidigung gegen einen solchen Vorwurf ist dann einerseits von der Kenntnis der rechtlichen Rahmbedingungen, aber auch der jeweiligen Rechtsprechung und dem eigenen Einlassungsverhalten abhängig.

Hier sollte keinesfalls, ohne Aktenkenntnis und auch ohne rechtsanwaltliche Beratung, eine Erklärung gegenüber der Bußgeldbehörde abgegeben werden.