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Eine Nutzung des eigenen Pkw bzw. Kraftfahrzeugs im Ausland kann selbst wenn die Reise unfallfrei verlaufen ist, doch sehr unliebsame Überraschungen nach sich ziehen.

Tempoverstöße oder etwa die Einfahrten (sehr beliebt in Florenz) in innerstädtische Verbots- oder Beschränkungszonen ohne entsprechende Erlaubnis oder aber auch die nicht richtige oder vollständige Anbringung einer Mautplakette in Österreich sind oftmals mit empfindlichen Geldbußen belegt.

Weiter ist es auch so, dass etwa in der Schweiz oder in Frankreich schon Tempoverstöße von nur 1 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit empfindlichen Geldbußen belegt werden.

Es stellt sich dann immer die Frage für den Betroffenen, ob der zahlen oder die entsprechende Zahlungsaufforderung, den Bußgeldbescheid, Mahnung usw. ignorieren soll.

Oft wird in diesen Schreiben mit einer Vollstreckung in Deutschland gedroht. Dabei ist es auch immer weiter verbreitet, dass sich die ausländischen Behörden eigener oder eben im Ausland ansässiger Inkassounternehmen bedienen, die in sehr eindrücklicher Art und Weise Drohkulissen über erhöhte Geldbußen oder Strafen bzw. auch Vollstreckungsmaßnahmen in ihren Schreiben belehren.

Die Frage, ob man hierauf reagieren sollte oder nicht, hängt sehr davon ab, wie hoch einerseits die Forderung ist und in welchem Land der Betroffene den vorgeworfenen Verstoß begangen haben soll.

Grundsätzlich ist für EU-Mitgliedsländer zu berücksichtigen, dass es ein EU-Abkommen aus dem Jahr 2010 gibt, nachdem das deutsche Bundesamt für Justiz in Bonn auf Antrag der ausländischen Behörden eine Vollstreckung hier im Inland durchführt.

Nun muss man wissen, dass es bestimmte Länder gibt, die von dieser Vollstreckungsmöglichkeit regen Gebrauch machen und andere Länder keinen Gebrauch davon machen, obwohl sie es in den entsprechenden Anschreiben zunächst androhen.

Zunächst gilt für EU-Mitgliedsstaaten eine Bagatellgrenze von 70,00 €, nur Beträge, die darüber liegen, können überhaupt nach dem erwähnten EU-Abkommen in Deutschland verstreckt werden.

Bei Beträgen darüber ist zu berücksichtigen, dass die Niederlande und Österreich konsequent nahezu jede Forderung in Deutschland verfolgen.

Weiter ist ganz besonders zu berücksichtigen, dass Österreich ein gesondertes Vollstreckungsabkommen mit Deutschland hat und deshalb auch die eben erwähnte Bagatellgrenze nicht unbedingt für Sicherheit bei österreichischen Forderungen sorgt. Aufgrund des eigenen Abkommens gilt dort eine niedrigere Bagatellgrenze, nämlich von nur 25,00 €. Folglich werden selbst kleinere Parkverstöße aus der Alpenrepublik in Deutschland konsequent verfolgt.

Die anderen EU-Mitgliedsländer sind deutlich passiver bei der Verfolgung von Forderungen in Deutschland, was sicherlich auch seinen Grund darin hat, dass die vollstreckten Beträge in Deutschland der deutschen Staatskasse anheim fallen und nicht in das Ausland überwiesen werden.

Grundsätzlich keine Sorgen bestehen im Hinblick auf eine Vollstreckung für Länder, die nicht EU-Mitglied sind, also die Schweiz, Lichtenstein oder Norwegen.

Hier droht keine Vollstreckung, aber bei diesen Ländern, wie auch bei den anderen Ländern gilt, dass bei einer erneuten Nutzung desselben Fahrzeuges im Ausland im Rahmen einer dann stattfindenden Kontrolle durchaus eine Weiterfahrt verhindert wird, solange nicht auch die „alte Forderung“ beglichen ist.

Wer also nur einmal oder mit ständig wechselnden Fahrzeugen andere Länder als Niederlande und Österreich besucht, kann es durchaus wagen, auf entsprechende Bußgelder, Zahlungsaufforderungen usw. nicht zu reagieren.

 

 

Entscheidung des OLG Celle: Anspruch des Betroffenen auf Herausgabe der Rohmessdaten (OLG Celle Beschluss vom 16.06.2016, 1 Ss OWi 96/16)

Es ist schnell passiert, dass man heutzutage „geblitzt“ wird. Immer mehr Städte und Landkreise machen recht aggressiv Jagd auf Temposünder, nicht nur zur Sicherung des Verkehrs, sondern natürlich auch zum Füllen des eigenen Haushaltes.

Viele Betroffene sind der Meinung, eine Geschwindigkeitsmessung könne nicht angegriffen werden, so dass sie das entsprechende Bußgeld oftmals ohne jeglichen Widerstand akzeptieren. Gegenteiliges, das nämlich sehr häufig für den Betroffenen positive Ergebnisse erzielt werden, lässt sich jedoch aus unserer rechtsanwaltlichen Praxis ersehen.

Denn neben formalen Fehlern, Problemen bei der Identifizierung des Fahrzeugführers aufgrund von schlechten Messbildern, ist auch immer die grundsätzliche Fehlerhaftigkeit einer Messung, insbesondere bei mobilen Messsystemen, ein Einfallstor für die rechtsanwaltliche Verteidigung.

Entsprechend kann ich nur dazu raten, gerade wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht, einen entsprechenden Vorgang in die rechtsanwaltliche Prüfung zu geben.

Gerade bei der Messung als solche passieren immer wieder zum Teil grobe Fehler durch oftmals schlecht oder gar nicht geschulte Messbeamte bzw. einfach dadurch, dass sich aufgrund der Häufigkeit von Messungen Fehler einschleichen.

Diese Fehler aufzudecken ist eigentlich die Aufgabe des Gerichts, in der Praxis jedoch im Grunde lediglich Aufgabe der Verteidigung, da die Gerichte eine Ordnungsgemäßheit der Messung letztlich fast immer unterstellen. Daher ist es umso notwendiger den Akteninhalt der Bußgeldakte mit den Anforderungen der Bedienungsanleitung bezüglich der Ordnungsgemäßheit der Messung in Abgleich zu bringen. Ob der Betroffene oder der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Einsicht in diese Bedienungsanleitung hat, ist seit Jahren heftig umstritten.

Gleiches gilt für die Frage, ob dem Rechtsanwalt sowie den Betroffenen Einblick in die Rohmessdaten der entsprechenden Messung gewährt werden muss, da nur über diese Daten eine Prüfung der Messung auf ihre Ordnungsgemäßheit möglich ist. Diese Frage wird von den Gerichten in der jüngsten Rechtsprechung sehr kontrovers diskutiert. Dabei ist zu erkennen, dass vor allen Dingen in der Rechtsprechung der Amtsgerichte die Tendenz überwiegt, einen entsprechenden Antrag der Verteidigung stattzugeben. Demgegenüber obwiegt derzeit noch die obergerichtliche Rechtsprechung, wonach die Rohmessdaten nicht zwingender Aktenbestandteil sind und daher der Verteidigung und den Betroffenen nicht zur Verfügung gestellt werden müssen.

Diese Rechtsprechung ist insofern misslich und zudem auch denkunlogisch, da wie bereits beschrieben, die Gerichte letztlich eine Ordnungsgemäßheit der Messung unterstellen und der Verteidigung abverlangen, Gegenteiliges nachzuweisen bzw. etwaige Fehler aufzuspüren. Gleichzeitig aber wird der Verteidigung nicht das notwendige Mittel in die Hand gegeben, um diese Fehler überhaupt aufspüren zu können, nämlich eben oftmals die fehlende Bedienungsanleitung und/oder die fehlenden Rohmessdaten.

Dass eine solche Rechtsprechung für den Betroffenen schädlich ist und diesem einen Vortrag in der Sache abverlangt, dem dieser mangels entsprechender Information gar nicht leisten kann, hat nunmehr der erste Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Celle in einer sehr lesenswerten Entscheidung verbrieft.

Demnach ist es angezeigt, dass das Gericht den Betroffenen auf dessen Antrag hin die entsprechenden Daten zur Verfügung stellt bzw. wenn diese Daten nicht Teil der Bußgeldakte sein sollten, eben dafür sorgt, dass die Daten auf anderem Wege zum Betroffenen gelangen.

Die Entscheidung des OLG Celle ist damit eine der wenigen obergerichtlichen Entscheidungen zu diesem Thema, welche im Sinne des Betroffenen positiv beschieden wurde.

Aufgrund der regional doch sehr unterschiedlich ausgeprägten Entscheidungslage in den jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirken hat sich am Ende auch die Verteidigung hierauf einzustellen und letztlich an die örtlichen Begebenheiten anzupassen, bis eine etwaige höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema vorliegt.

Entsprechend ermöglicht die jetzige Entscheidung des Oberlandesgerichts zumindest im hiesigen Oberlandesgerichtsbezirk der Verteidigung einen weiteren größeren Fuß in die Tür zu bekommen, wenn es darum geht, Messfehler aufzuzeigen und im Gerichtstermin günstige Ergebnisse zu erzielen.

Es ist zudem auch nicht ausgeschlossen, dass die Amtsgerichte eher dazu tendieren werden, kleinere Verstöße mittels einer Herabsenkung des Bußgeldes auf 55 EUR (dann werden keine Punkte eingetragen) zu begegnen, um den großen Aufwand der Herbeischaffung von Rohmessdaten zu umgehen.

Umso mehr ist es derzeit angezeigt, Messungen kritisch zu hinterfragen und nicht als unangreifbar hinzunehmen, denn dies sind sie oftmals nicht.

Wurden Sie daher geblitzt, weil Sie zu schnell gefahren sind, ein Rotlicht missachtet haben, oder einen zu geringen Abstand auf der Autobahn eingehalten haben, so wenden Sie sich gern an unsere Kanzlei. Die helfen Ihnen gerne weiter.