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Nach einem Verkehrsunfall, bei dem insbesondere ein Fahrzeug einen Totalschaden erlitten hat, kommt immer wieder die Frage auf, ob auch ein Erstattungsanspruch für das im Fahrzeugtank verbleibende Restbenzin besteht.

Diese Frage wurde bisher von den Amts- und Landgerichten sehr verschieden beantwortet und letztlich findet man sowohl bejahende als auch verneinende Urteile. Nun hat ein Obergericht, nämlich das Oberlandesgericht Düsseldorf, u.a. über diese Frage entschieden (Urteil vom 10.01.2017, Az. I-1 U 46/16) und verneint ein Anspruch des Geschädigten.

Es bestehe kein Anspruch auf Ersatz des restlichen Tankinhalts. Soweit das Benzin nach dem Unfall noch im Tank verblieben ist, ist ein Schaden an dem Tankinhalt durch den Unfall nicht entstanden, da das Benzin ja noch vorhanden sei. Folglich obliege es dem Geschädigten durch eigene Maßnahmen, etwa ein Abpumpen oder ähnliches, dafür Sorge zu tragen, dass dieses Benzin nicht verloren geht, wenn ihm daran gelegen sei.

Alternativ bestehe für den Geschädigten auch die Möglichkeit, bei der Bestimmung des Restwertes auf den insoweit verbleibenden Tankinhalt hinzuweisen und damit eine Erhöhung heraus zu handeln, da üblicherweise Gutachter bei der Bestimmung des Restwertes das Maß der Füllung des Tanks nicht mit ermitteln und auch nicht mit berücksichtigen würden.

Folglich verletzt der Geschädigte seine Verpflichtung zur Schadensminderung, wenn er derartige Maßnahmen unterlässt, so dass ein Anspruch auf Ersatz des Resttankinhaltes gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nicht bestehe.

Die rechtliche Argumentation in dem Urteil ist nachvollziehbar, aber letztlich stellen sich weitere Fragen im Hinblick auf die Konsequenzen, die ein entsprechender Geschädigter in der Zukunft aus dieser Rechtsprechung zieht.

Entscheidet sich nämlich ein Geschädigter dafür, das Benzin abpumpen zu lassen, entstehen hierfür Kosten. Grundsätzlich müßte gerade auch unter Berücksichtigung der vorstehenden rechtlichen Argumentation dieser Kostenaufwand Teil des Schadens sein, den dann die gegnerische Versicherung zu erstatten hat.

Es stellt sich aber dann wiederum die Frage, wenn die Kosten eventuell den Wert des Tankinhaltes übersteigen, ob hier nicht wiederum eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorliegt und andererseits bis zu welchem Wert hier letztlich noch eine Angemessenheit der entstehenden Kosten zu dem Resttankinhalt festgestellt werden kann. Dieses sind alles Fragen, über die sich trefflich streiten läßt und die letztendlich wiederum einer gerichtlichen Klärung bedürfen, so dass mit dieser Rechtsprechung die Streitfrage mit allen ihren Auswirkungen sicherlich nicht abschließend geklärt ist.

Aber auch die Alternative, nämlich den Preis mit dem Aufkäufer des Fahrzeuges zu verhandeln und auf das Restbenzin im Tank hinzuweisen, dürfte für den Geschädigten letztlich vergebene Mühe sein. Wenn er wirklich in der Lage ist, einen höheren Preis zu verhandeln, so wert die Freude über diesen zusätzlichen Betrag sicherlich nur kurz.

Da die Versicherung des Unfallgegners nur verpflichtet ist, die Differenz zwischen dem ermittelten Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges und dem erzielten Restwert zu regulieren, erhält der Geschädigte de facto nichts mehr.

Es wird nämlich die Entschädigung der Versicherung genau um den Betrag gekürzt, um den der Betrag gegenüber dem Aufkäufer des beschädigten Fahrzeuges durch die Verhandlung des Geschädigten erhöht worden ist. Es läuft also auf eine Nullnummer für den Geschädigten hinaus.

Folglich kann von diesen beiden Handlungsalternativen nur wirklich sinnvoll über die Alternative des Abpumpens nachgedacht werden, wobei rein vorsorglich es sich empfiehlt, vor der Maßnahme eine Kostenfreigabe von der gegnerischen Versicherung einzuholen.

Anspruch der Verteidigung auf Datenherausgabe

Zwischen Verteidigern, die sich insbesondere im Verkehrsrecht auf die Überprüfung von Geschwindigkeitsmessungen spezialisiert haben und den Bußgeldbehörden besteht seit längerem Streit darüber, wieweit das Akteneinsichtsrecht der Verteidigung reicht. Dabei ist insbesondere umstritten, ob die Verteidiger auch ein Recht haben sogenannte TUFF-Dateien bzw. Software-Token sowie Passwörter von Geschwindigkeitsmessgeräten übermittelt zu bekommen.

Hierbei handelt es sich um Datensätze bzw. Zugriffsmöglichkeiten auf im Gerät gespeicherte Daten, die einem Sachverständigen sodann eine deutlich bessere Überprüfungsmöglichkeit der ordnungsgemäßen Funktionsweise des Messgerätes, wie auch der einzelnen Messung ermöglichen.

Im Bereich der Bußgeldbehörden herrscht nahezu einhellig die Auffassung, dass diese Daten nicht herausgegeben werden müssen, da sie nicht Teil der Akte sind, sondern im Gerät gespeichert sind bzw. dass das Urheberrecht oder sonstige (letztlich vorgeschobene) schützenswerte Rechte des Geräteherstellers bzw. Betreibers dieser Herausgabe entgegenstehen.

Von der Seiten der spezialisierten Anwaltschaft wird jedoch eingewandt, dass auch ein Recht auf diese Daten und die entsprechende Auswertung bzw. vorherige Übermittlung besteht, denn ansonsten kann eine vollständige und letztlich auch zweifelsfreie Überprüfung der Messung und des Messgerätes nicht erfolgen. Die Weigerung der Herausgabe dieser Daten würde also das Recht des von dem Bußgeldverfahren Betroffenen auf effiziente Verteidigung, aber auch seinen Anspruch auf sogenanntes rechtliches Gehör verletzen. Letztlich muss jedes staatliche Handeln, welches in die Rechte des Bürgers eingreift, transparent, überprüfbar und auch nachvollziehbar sein.

Ohne diese Daten ist genau die Einhaltung dieser Grundsätze jedoch nicht gewährleistet.

Nun hat das AG in Landsberg am Lech diese Auffassung bestätigt und die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt angewiesen, die entsprechenden Dateien an den hier tätig gewordenen Verteidiger herauszugeben.

Dabei führte das Amtsgericht aus, dass ansonsten das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt sei.

Dabei hat das Gericht richtig herausgestellt, dass gerade im Bereich der Geschwindigkeitsmessung mit sogenannten standardisierten Messgeräten der Betroffene verpflichtet ist, konkret vorzutragen, welche Mängel der Messung hier vorliegen, folglich muss er auch in die grundsätzliche Möglichkeit, Angriffspunkte herauszuarbeiten, versetzt werden. Dieses wäre nicht gegeben, wenn er keinen Zugriff auf diese speziellen Messdatensätze hätte.

Es ist nun zu hoffen, dass einerseits eine Bestätigung der entsprechenden Rechtsprechung auch durch die Obergerichte erfolgt und andererseits sich auch die entsprechenden Bußgeldbehörden an diese Rechtsprechung orientieren, denn hier wird in systematisch richtiger und zutreffender Weise die zugrunde liegende Rechtslage ausgeführt.

Dabei ist für einen Betroffenen im Bußgeldverfahren jedoch zu beachten, dass er selber keinen Anspruch auf Übermittlung dieser Daten hat, sondern eben nur über seinen Verteidiger er im Wege des diesem zustehenden Akteneinsichtsrechtes an die Daten gelangen kann. Es ist also sinnvoll, sich möglichst frühzeitig an einen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden, um etwaige Fehler einer Messung auch gerichtsfest nachweisen zu können.

Die Führerscheinklasse A2 ist erst im Januar 2013 eingeführt worden.

Um hier eine verkürzte und vereinfachte Übersicht zu bilden, gibt es folgende Klassen im Bereich des Buchstaben „A“.

 

A1:       ab 16 Jahre für 125 m³ Motorräder

 

A2:       ab 18 Jahren entweder Neueinsteiger oder Umsteiger von A1 mit leistungsreduzierten

Motorrädern

 

A:        keine Einschränkung bei Motorrädern, bei Direkteinstieg frühestens ab dem 24. Lebensjahr,

bei Umstieg zwei Jahre nach Inhaberschaft A2, also frühestens mit dem zwanzigsten

Lebensjahr

 

Bei der entsprechenden Umsetzung dieser Fahrerlaubnisklasse A1 im Jahr 2013 hat sich jedoch der deutsche Gesetzgeber nicht komplett an die vorgegebene Definition der zugrunde liegenden EU-Führerscheinrichtlinie gehalten.

Dies führte dazu, dass in Deutschland mit der Klasse A2 Motorräder geführt werden durften, die maximal eine Leistung von 35 kW aufwiesen oder eben durch Drosselung eines leistungsstärkeren Motorrades nicht als 35 kW leisten konnten.

Genau Letzteres war aber eine Abweichung von der EU-Richtlinie, denn dort durfte ein gedrosseltes Motorrad maximal eine Leistung von 70 kW ungedrosselt aufweisen.

Leistungsstärkere Motorräder durften also gedrosselt werden bzw. selbst wenn eben die Drosselung auf 35 kW eingehalten wurde ist nach der Vorgabe der EU-Richtlinie ein zulässiges Führen mit der Klasse A2 nicht möglich.

Der deutsche Gesetzgeber hat nun diese abweichende Formulierung zwischen der deutschen Fahrerlaubnisverordnung und dem EU-Recht aufgehoben.

Ab dem 28.12.2016 gilt jetzt auch die vorstehend schon mitgeteilte Beschränkung, dass gedrosselte Motorräder nur dann mit der Fahrerlaubnis A2 bewegt werden dürfen, wenn einerseits die Beschränkung der Höchstleistung von 35 kW eingehalten ist aber andererseits das ungedrosselte Motorrad auch keine Motorleistung von über 70 kW haben darf.

Für die Zukunft besteht daher Klarheit, wobei für den Zwischenzeitraum, also für den Zeitraum vom 19.01.2013 bis zum 27.12.2016 eine sogenannte Besitzstandsregelung vom Gesetzgeber vorgesehen ist.

Alle Führerscheininhaber, die in diesem Zeitraum, also zwischen den genauen Daten im Jahr 2013 und 2016 ihre Fahrerlaubnis A2 erworben haben, dürfen sodann auch noch Motorräder gedrosselt fahren, die eine höhere Leistung als 70 KW aufweisen.

 

Hierbei ist aber zu beachten, dass diese Besonderheit nur für die Bundesrepublik Deutschland gilt.

 

Es droht hier also eine böse Überraschung für alle Inhaber dieser Fahrerlaubnis aus diesem Zeitraum wenn diese sich außerhalb von der Bundesrepublik bewegen, denn im Europäischen Umland gibt es diese Besitzstandsregelung nicht und dort sind die nationalen Regelungen entsprechend der EU-Vorgabe erfolgt bzw. zu beachten.

Neben der möglichen Strafbarkeit wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, droht in manchen EU-Ländern sogar die Beschlagnahme des Fahrzeuges, was folglich enorme Auswirkungen für den Betroffenen haben kann.

Deshalb sollte in jedem Fall die Besonderheit der bundesdeutschen Regelung und insbesondere der Besitzstandswahrung beachtet und verinnerlicht werden.

In einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Verden hat dieses über die Dauer der Nutzungsausfallentschädigung entschieden und der von uns geführten Klage weitestgehend Recht gegeben.

Was ist die Nutzungsausfallentschädigung?

Ist das eigene Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall so stark beschädigt, dass es nicht mehr verkehrssicher ist und dieses nicht mehr genutzt werden kann, so kann der Geschädigte entweder sich einen Mietwagen als Ersatz beschaffen, so dass deren Kosten als Schaden bei der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung angemeldet werden können oder der Geschädigte verzichtet auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges und behilft sich in der Folgezeit eben anderweitig. In diesem Fall bekommt der Geschädigte quasi den Wert, den sein Fahrzeug für ihn als Nutzung gehabt hätte von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung entschädigt. Voraussetzung ist natürlich, dass eine Haftung bei der Gegenseite gegeben ist.

Wie hoch ist die Nutzungsausfallentschädigung?

Wie hoch die Entschädigung ausfällt, hängt davon ab, welcher Fahrzeugklasse das verunfallte Fahrzeug zuzuordnen ist und wie alt das Fahrzeug gewesen ist. Oftmals liegen wir hier nach den entsprechenden Tabellenwerten bei einem Satz zwischen 30-50 EUR. Pro Tag wohl gemerkt.

Dauer der Nutzungsausfallentschädigung

Was nun die Dauer der zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung anbetrifft, so mussten wir für eine Mandantin ein Verfahren vor dem Amtsgericht Verden führen. Die Mandantin war unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Das bei der gegnerischen Versicherung kfz-haftpflichtversicherte Fahrzeug wurde von einem betrunkenen Fahrer geführt, der unserer Mandantin mehrfach hinten aufgefahren ist. Die Haftung der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung stand daher außer Frage. Es war auch klar, dass der Beginn der Nutzungsausfallentschädigung mit dem Unfalltag eintritt. Weiter musste hier auch erst ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. In diesem war eine gewisse Wiederbeschaffungsdauer angegeben. Die Versicherung regulierte nur die im Gutachten angegebene Wiederbeschaffungsdauer und lehnte eine weitere Zahlung ab.

Ich hatte jedoch für meine Mandantin mit Übersendung des Schadengutachtens darauf hingewiesen, dass diese, um ein Ersatzfahrzeug anschaffen zu können, auf die Regulierung des Unfallschadens angewiesen ist. Dennoch erfolgte eine Regulierung über längere Zeit nicht. Erst gut 1 ½ Monate später regulierte die Versicherung.

Ich habe daher für meine Mandantin dahingehend argumentiert, dass erst zu dem Zeitpunkt, als die Versicherung ihren Schaden reguliert hat, die Wiederbeschaffungsdauer, welche im Gutachten angegeben wurde, anzusetzen sei und folglich die Dauer der zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung sich vom Unfalltage bis zu diesem späteren Zeitpunkt, also dem Tag der Regulierung plus der im Gutachten angegebenen Wiederbeschaffungsdauer, berechnet. Dem ist das Amtsgericht im Wesentlichen gefolgt. Es hat ausgeführt, dass unsere Mandantin ihrer sog. Schadensminderungspflicht Genüge getan habe, indem sie darauf hingewiesen habe, dass sie zur Beschaffung des Ersatzfahrzeuges auf die Regulierung der Versicherung angewiesen sei. Wenn diese einen solch langen Zeitraum zur Regulierung benötige, obwohl die Haftungslage in diesem Fall ja völlig klar gewesen sei, so ginge dies eben zu Lasten der Versicherung.

Der Mandantin wurde daher eine Nutzungsausfallentschädigung von 43,00 EUR pro Tag für insgesamt 53 Tage zugesprochen.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Verden ist inzwischen rechtskräftig.

 

Gefälligkeiten des täglichen Lebens, also etwa das Blumen gießen für den Nachbarn während dessen Urlaubsabwesenheit, das Ausführen des Hundes während der Krankheit des Nachbarn, das Ausleihen des Pkw´s, weil der eigene Pkw defekt ist, kommen immer wieder vor und werden von vielen Personen als Selbstverständlichkeit betrachtet, kaum jemanden ist jedoch bewusst, dass es Haftungsrisiken bei Gefälligkeiten gibt.

Im sozialen Zusammenhang, also im Hinblick auf das entsprechende freundliche und rücksichtsvolle, wie auch hilfsbereite Umgehen miteinander, ist dieses sicherlich auch richtig, jedoch machen sich die wenigsten Personen über die zugrunde liegenden Haftungsrisiken Gedanken.

Besondere Brisanz entsteht nämlich dann, wenn etwa das ausgeliehene Fahrzeug, welches nicht über eine Vollkaskoversicherung verfügt, sodann schuldhaft durch den Fahrer beschädigt oder zerstört wird, wenn beim Blumen gießen etwa durch einen nicht ordnungsgemäß geschlossenen Wasserhahn eine Überschwemmung des Hauses entsteht oder wenn der Hund, der ausgeführt wird, ungestüm ist, sich losreißt und eine andere Person oder auch den Hund Ausführenden verletzt.

Dann stellt sich nämlich immer die Frage nach der Haftung. Muss der Ausleihende, der den Pkw nutzte für den Schaden aufkommen, muss der helfende Nachbar, der nur Blumen gießen wollte der Gebäudeversicherung, die den Wasserschaden reguliert hat, diese Kosten erstatten und haftet derjenige, der den Hund ausführt, für den angerichteten Schaden bzw. wenn er selbst zu Schaden gekommen ist hat er Anspruch auf Schadenersatz oder nicht?

Dieses sind Fragen, die für beide Beteiligten wirtschaftlich weitreichende Folgen haben. Bei einer Bejahung der Haftung desjenigen, der aus welchen Gründen immer für den Schaden verantwortlich ist, bedeutet dieses für die Person oftmals ein enormes wirtschaftliches Risiko, welches eigentlich in gar keinem Verhältnis zu der eigentlichen Gefälligkeit bzw. zu dem Wert der Gefälligkeit steht. Andererseits ist bei einer Verneinung eines entsprechenden Schadenersatzes oder einer Verneinung einer entsprechenden Haftung derjenige der geschädigt ist, ggf. schutzlos gestellt, denn dieser hat in der Regel keinerlei Verantwortlichkeit dafür, dass nun sein Eigentum geschädigt oder er sich etwa bei diesem Hundefall der Geltendmachung Ansprüchen Dritter ausgesetzt sieht.

Da in der Regel keine Absprachen zwischen den Beteiligten über eine mögliche Haftung oder über einen Haftungsausschluss bestehen, richten sich die weiteren Folgen nach den Haftungsnormen des BGB, des Bürgerlichen Gesetzsbuches.

Hier ist die Regel dann, dass derjenige, der fremdes Eigentum beschädigt, in der Regel hierfür auch haftet, denn nach der Rechtsprechung des BGH darf aus der schädigenden Handlung in der Regel auch auf eine Sorgfaltsverletzung, also auf eine schuldhafte Verletzung geschlossen werden, was damit die Voraussetzung für die Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz schafft.

Hier muss dann der in die Haftung Genommene beweisen, dass er eben nicht vorwerfbar gehandelt hat, was in der Regel nicht gelingen wird.

Die Rechtsprechung hat nur in Ausnahmefällen einen sogenannten stillschweigenden Haftungsverzicht zwischen den Beteiligten anerkannt. In der Regel ist dieses nur dann der Fall, wenn besondere Umstände festgestellt werden können, in denen es einfach nicht zumutbar ist, dem Schädiger auch die Haftung aufzuerlegen.

Dabei sind dieses aber die absoluten Ausnahmefälle. Etwa wenn ein Fahrzeug einer dritten Person zur Verfügung gestellt wird, wird ein solcher Haftungsverzicht nur angenommen, wenn die Fahrt etwa unternommen wird, um dem Fahrzeugeigentümer aus einer Notlage herauszuhelfen oder dieser so alkoholisiert war, dass er nicht nach Hause fahren konnte und dann aus Gefälligkeit die Fahrt mit diesem zusammen unternommen wird.

Wenn ein Fahrzeug „ausgeliehen wird“ und ein eigenes Interesse des Fahrzeugführers dann an dieser Fahrt besteht, ist eine Haftung in der Regel immer gegeben (vergl. hierzu zuletzt OLG Celle vom 26.01.2016, Az. 14 U 148/15).

Die ebenfalls mitgeteilte Beispielsgruppe des Nachbarn, der die Blumen gießt und dabei ein Wasserschaden anrichtet, ist auch keine von diesen besonderen Situationen, auch hier mußte der Nachbar der Gebäudeversicherung einen Betrag von über 10.000,00 € erstatten (BGH-Urteil vom 26.04.2016, Az. VI ZR 467/15).

Eine entsprechende stillschweigende Haftungsvereinbarung, die zum Ausschluss der Haftung führt, ist folglich so gut wie nie gegeben. Hierüber sollten sich insbesondere die Beteiligten bewußt sein, die ihren Pkw aus Gefälligkeit Anderen für Fahrten zur Verfügung stellen oder eben auch die Personen, die sich einen solchen Pkw im Wege eines Gefälligkeitsverhältnisses ausleihen. Verfügt der Pkw über keine Vollkaskoversicherung, so trifft im Schadenfall den Verursacher die volle finanzielle Haftung, die auch nicht durch eine private Haftpflichtversicherung abgedeckt ist.

Private Haftpflichtversicherungen sehen nämlich einen Ausschluss von Schäden, die im Zusammenhang mit der Benutzung eines Pkw entstehen vor. Hier sollte, soweit diese Problemsituation denn den Beteiligten bekannt ist, in jedem Fall vor dem Hergeben des Pkw´s bzw. dem Entleihen des Pkw´s eine Vereinbarung im Falle der Beschädigung getroffen werden.

Der Fall

Wir haben in einem Verfahren vor dem Landgericht Verden ein Handwerksunternehmen vertreten, welches in einem Neubauvorhaben sämtliche Fußböden in Form eines Zementestrich eingebaut hat.

Nach Abschluss der Arbeiten erfolgte eine Abnahme durch den Auftraggeber, hier die entsprechende Wohnungsbaugesellschaft, und unsere Mandantin hat sodann die Schlußrechnung gestellt.

Eine Zahlung erfolgte von Seiten des Auftraggebers nicht, auch auf Mahnungen ist nicht reagiert worden. Wir sind sodann eingeschaltet worden, haben eine außergerichtliche letzte Zahlungsfrist gesetzt und in der weiteren Folge Klage erhoben.

Schon als Reaktion auf unser Mahnschreiben teilte der Auftraggeber mit, dass er eine Fälligkeit der Rechnung nicht sehen würde, da eine sogenannte Fachunternehmererklärung noch nicht durch unsere Mandantin erstellt worden sei.

 

Was ist eine Fachunternehmererklärung?

Diese Fachunternehmererklärung ist immer erforderlich, um entsprechende Fördermittel, etwa von der KfW-Bank, zu erhalten.

 

Rechtliche Frage

Da nach unserer Auffassung, wie auch der Auffassung unserer Mandantin, dieses jedoch keine vertragsgemäß geschuldete Leistung war, wurde darauf hingewiesen, dass diese Erklärung selbstverständlich erstellt werden würde wenn Zahlung erfolge, was dann nicht geschah. Dementsprechend ist das Klageverfahren eingeleitet worden.

Der Auftraggeber hat die Forderung im Gerichtsverfahren mit dem ersten Schriftsatz anerkannt und meinte dann, dass nunmehr die Kosten des Verfahrens von unserer Mandantin zu tragen seien, da es sich um ein sogenanntes sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO handele.

Über diese Frage ist sodann gestritten worden, wobei das Landgericht Verden richtigerweise sich unserer Rechtsauffassung angeschlossen hat und darauf hinwies, dass nach dem BGB die Vorlage einer Fachunternehmererklärung keine Fälligkeitsvoraussetzung sei. Nur durch eine individuelle vertragliche Vereinbarung könne dieses als zusätzliches Fälligkeitskriterium zwischen den Parteien vereinbart werden. Eine solche vertragliche Bindung hat der Auftraggeber aber weder nachvollziehbar vorgetragen, noch irgendeinen Beweis hierfür angeboten, vgl. LG Verden, Urteil vom 01.12.2016, 5 O 151/16.

Deshalb hat das Gericht sämtliche Kosten des Verfahrens auf der Beklagtenseite, also dem beklagten Auftraggeber, auferlegt und nochmals klar herausgestellt, dass die von uns mitgeteilte Rechtsauffassung eine zutreffende sei und sich das beklagte Unternehmen im Verzug befunden hätte.

 

Fazit

Da ich in der Vergangenheit immer wieder feststelle, dass bei Handwerksunternehmen die Zahlung der entsprechenden Schlussrechnungen bzw. des Werklohnes mit der Hergabe einer entsprechenden Fachunternehmererklärung verknüpft wird, ist diese Entscheidung gerade für Subunternehmer oder sonstige Auftragnehmer im Bereich der Bauwirtschaft von großer Bedeutung. Hier sollte man sich als Inhaber eines Unternehmens nicht in die Irre führen lassen, wobei selbstverständlich zu beachten ist, dass bei einer individuellen Vereinbarung in Verträgen bei Auftragserteilung ggf. eine solche Erklärung sehr wohl Voraussetzung für die Fälligkeit der Rechnungssumme sein kann.

Insofern gilt es hier also schon aufmerksam zu sein, bei der Auftragsvergabe bzw. Auftragsannahme.

Die Einführung des Mindestlohnes hat auch Auswirkungen auf die Gestaltung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen. Damit soll sich im Folgenden auseinandergesetzt werden.

Zur Erinnerung:

Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, unterliegen Ansprüche der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, welche mit Ablauf des Jahres beginnt, in welchem der Anspruch entstanden ist.

Der Anspruch auf das Arbeitsentgelt eines Arbeitnehmers für Juni 2015 beispielsweise wird regelmäßig Anfang des Folgemonats fällig. Die Verjährung des Anspruchs tritt sodann mit Ablauf des 31.12.2018 ein.

Die meisten Tarifverträge, aber auch viele Arbeitsverträge, enthalten sogenannte Ausschlussfristen, welche die Geltendmachung von vertraglichen Ansprüchen schon vorher ausschließen sollen. Zulässig sind zweistufige Ausschlussfristen für die vorgerichtliche und dann die gerichtliche Geltendmachung mit Fristen von jeweils drei Monaten nach Fälligkeit.

Auf unser Beispiel angewandt hieße das, dass das Entgelt für Juni 2015, welches am 01.07.15 fällig wurde, gegenüber dem Arbeitgeber spätestens bis zum 01.10.15 schriftlich geltend gemacht werden muss. Anderenfalls wäre der Anspruch des Arbeitnehmers ausgeschlossen. Zahlt der Arbeitgeber das Entgelt sodann nicht, müsste der Anspruch innerhalb einer weiteren Frist von drei Monaten gerichtlich geltend gemacht werden.

Seit dem 01.01.2015 gilt das Mindestlohngesetz (MiLoG), welches einen Mindestlohn von 8,50 Euro vorschreibt. In § 3 MiLoG ist folgende Regelung festgehalten: „Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam.“

Eine Ausschlussfrist, die ausdrücklich auch Ansprüche aus dem MiLoG ausschließen soll, dürfte daher sicher in jedem Falle insgesamt unwirksam sein.

Problematischer ist die Frage, ob die bisherigen Standard-Ausschlussklauseln, die sich zum Mindestlohn ausschweigen, von der Rechtsprechung als unwirksam betrachtet werden, da sie intransparent (§ 307 Abs.1 Satz 2 BGB) sind und den Arbeitnehmer verwirren können. Die Unwirksamkeit wäre dann unabhängig davon gegeben, ob es sich um einen Anspruch aus dem MiLoG handelt oder nicht.

Auf unseren Beispielsfall bezogen bedeutet dies, dass der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers für den Beschäftigungsmonat Juni 2015 auch noch nachdem dem 01.10.16, nämlich bis Eintritt der gesetzlichen Verjährung, durchsetzbar wäre.

Gegen eine Unwirksamkeit der Klausel insgesamt spricht zunächst die Formulierung des Gesetzgebers in § 3 MiLoG der die Unwirksamkeit nur „insoweit“ kodifiziert hat. Allerdings ist es so, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) in der Vergangenheit immer eine strenge und formalistische Auffassung vertreten hat und Klauseln bereits bei der geringsten Unklarheit insgesamt gekippt hatte.

Das BAG hat so denn auch nunmehr in einem ähnlichen Fall angenommen, dass die Ausschlussfrist insgesamt für alle Ansprüche unwirksam ist, wenn die Ausschlussfrist gesetzliche Mindestentgeltansprüche nicht von der Anwendung ausdrücklich ausschließt (BAG Urt. v. 26.08.16 – 5 AZR 703/15). Diesem Fall lag jedoch eine mit § 3 MiLoG lediglich vergleichbare Regelung des Arbeitnehmer-Entgeltgesetzes, nämlich § 9 AEntG, zugrunde. Daher ist die Entscheidung nicht eins zu eins übertragbar.

Dennoch spricht die identische Interessenlage klar dafür, dass das BAG auch in Bezug auf § 3 MiLoG genauso urteilen wird.

Es ist also dringend erforderlich, beim Abschluss neuer Arbeitsverträge die Ausschlussfrist entsprechend zu ergänzen. Ich schlage dazu die folgende Formulierung vor, wobei ich die meiner Auffassung nach erforderliche Ergänzung als Ziffer 5 eingefügt und fett markiert habe:

   Ausschlussfristen

  1. Beide Vertragsparteien können Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten ab Fälligkeit geltend machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten.
  1. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach der Ablehnung oder nach Ablauf der vorgenannten 2-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird.
  1. Der vorgenannten Ausschlussfristen unterfallen auch alle Ansprüche wegen Überstunden und Mehrarbeit, soweit sie nicht auf einem Arbeitszeitkonto gesondert geführt werden.
  1. Unter die Verfallsklausel fallen nicht solche Ansprüche, die auf einer strafbaren Handlung, einer unerlaubten Handlung i.S.d. §§ 823 ff. BGB oder in sonstiger Weise auf Vorsatz gestützt werden. Für diese Ansprüche gelten die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften.
  1. Vorstehende Ausschlussfristen gelten auch nicht für gesetzliche Mindestentgeltansprüche des Arbeitnehmers. Nur über einen Mindestentgeltanspruch hinausgehende Vergütungsansprüche des Arbeitsnehmers unterliegen weiterhin den vertraglich (oder tarifvertraglich) geltenden Ausschlussfristen.

In der vorgenannten Entscheidung des BAG ist noch die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Arbeitsvertrag und somit auch die Klausel nach Inkrafttreten des AEntG geschlossen wurde, es sich somit nicht um einen Altfall handelte. Ob eine Unwirksamkeit der Ausschlussklauseln auch für Arbeitsverträge die vor Inkrafttreten des MiLoG, also dem 01.01.15, geschlossen wurden durch die Rechtsprechung angenommen werden wird, vermag ich nicht zu sagen. Möglich erscheint dieses aber allemal.

Ich rate Arbeitgebern daher zur Sicherheit dazu, die Arbeitnehmer zumindest anzuschreiben und darüber zu informieren, dass die arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen nicht für gesetzliche Mindestentgeltansprüche, sondern nur für darüber hinausgehende Ansprüche gelten sollen. Damit dürfte eine Auslegung dann dazu führen, die Klausel als wirksam zu erachten. Der sicherste Weg wäre natürlich der Abschluss entsprechender Änderungsverträge. Dieser Weg dürfte sich jedoch meist als zu beschwerlich erweisen oder aus anderen Gründen ungangbar sein.

Letztverbindliche Sicherheit gibt es zudem im Arbeitsrecht für den Arbeitgeber bekanntermaßen nicht.

Soweit Sie im Einzelfall Nachfragen zu diesem Themenkomplex haben, setzten Sie sich gerne mit uns in Verbindung. Ich berate Sie gerne.

Gerade im ländlichen Bereich kommt es immer wieder zu zum Teil schweren Verkehrsunfällen, in denen Traktoren und/oder Traktorgespanne verwickelt sind. Gerade hier stellt sich dann oft die Frage, inwieweit der in den Verkehrsunfall verwickelte Traktor für die Folgen des Unfalls zu haften hat. Dabei muss zunächst berücksichtigt werden, dass jedes Kraftfahrzeug eine sog. Betriebsgefahr hat, aus der sich bereits eine Haftung ergibt. Der Gesetzgeber hat nämlich erkannt, dass allein die Tatsache, dass man mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt, eine grundsätzliche Gefahr für andere setzt, so dass man aufgrund dieser Gefahr, eben der Betriebsgefahr, bereits für etwaige Unfallfolgen einzustehen hat, soweit der Verkehrsunfall für einen selbst nicht zu verhindern gewesen ist.

Was die Höhe dieser Betriebsgefahr angeht, kommt es natürlich auch auf das gefahrene Kraftfahrzeug an. Die Höhe der Betriebsgefahr wird bei einem PKW in der Regel bei 20-25 % angesiedelt, bei einem LKW meist Richtung 30 % und bei einem größeren Traktorgespann können hier auch durchaus einmal noch höhere Betriebsgefahren angesiedelt werden.

Das bedeutet, dass man bei einem Verkehrsunfall daher schnell in der Haftung ist, obwohl vielleicht der Unfallgegner einen schwerwiegenden Fahrfehler gemacht hat, da man selbst nur von der Haftung frei wird, wenn man quasi wie ein Idealfahrer gefahren ist. Aber wer tut das schon?

Das Oberlandesgericht Hamm ( Urteil vom 07.06.2016, 9 U 59/14 ) hatte sich vor kurzem mit einem Sachverhalt zu beschäftigen, bei dem es um einen Verkehrsunfall zwischen zwei sich entgegenkommenden Traktoren ging. Diese begegneten sich auf einer engen Landstraße die schmaler war, als beide Traktoren nebeneinander zusammen. Entsprechend war es unabdingbar, dass die Traktoren sich gegenseitig hätten Platz machen müssen. Hier war es allerdings so, dass beide Traktoren mit unvermittelter Geschwindigkeit aneinander vorbeigefahren sind und der Führer eines Traktors nach rechts in das Grün neben die Fahrbahn ausgewichen ist. Der Traktor kam daraufhin ins Schlingern und kippte um.

Es stellte sich daher die Frage, wer in welcher Höhe für diesen Verkehrsunfall zu haften hat.

Das Oberlandesgericht hat in seiner Entscheidung zunächst sehr schön dargestellt, dass sich eine Haftung aus der sog. Betriebsgefahr auch dann ergibt, wenn es zwischen den Unfallbeteiligten zu keinerlei Berührungen gekommen ist, da es nur darauf ankomme, dass der Fahrer des einen Traktors es für erforderlich gehalten hat nach rechts ausweichen zu müssen. Zudem war beiden Fahrzeugführern vorzuwerfen, dass sie gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verstoßen haben. Beiden hätte klar sein müssen, dass die Fahrbahn nicht breit genug ist, damit beide Traktoren aneinander ohne jedwede Gefährdung aneinander vorbeifahren können. Insofern wäre es angebracht gewesen, die Geschwindigkeit bis zum Stillstand zu stoppen und sodann eine Verständigung dahingehend zu treffen, welcher Traktor an dem jeweils anderen mit sehr langsamer Geschwindigkeit vorbeifährt. Da eine solche Verständigung nicht erfolgt ist, hatten sich beide eben nicht wie ein Idealfahrer verhalten. Daher hafteten beide Traktorfahrer für den Verkehrsunfall. Da die sog. Betriebsgefahr bei beiden Traktoren gleich hoch anzusiedeln war, wurde daher eine Haftungsquote von 50 % : 50 % ausgeurteilt. Dies bedeutet, dass jeder der beiden Traktoren ( bzw. der hinter ihnen stehenden Versicherungen ) 50 % des Schadens des jeweils anderen Traktors zahlen muss.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts dürfte äußerst praxisrelevant sein, da es gerade im ländlichen Verkehr immer wieder zu solchen Situationen kommt, nicht nur zwischen Traktorfahrern, sondern natürlich auch zwischen anderen Verkehrsteilnehmern, da gerade im dörflichen Bereich die Straßen oftmals die nötige Breite nicht haben. Insofern zeigt die Entscheidung ganz klar auf, dass man sich in solchen Situationen besonnen und rücksichtsvoll verhalten muss, was einschließt sich notfalls mit den anderem Verkehrsteilnehmer zu verständigen.

Entsprechend kann nur angeraten werden in solchen und ähnlichen Situationen dem allgemeinen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu folgen und nicht stur auf ein gefühltes Vorfahrtsrecht zu vertrauen.

 

Entscheidung des OLG Celle: Anspruch des Betroffenen auf Herausgabe der Rohmessdaten (OLG Celle Beschluss vom 16.06.2016, 1 Ss OWi 96/16)

Es ist schnell passiert, dass man heutzutage „geblitzt“ wird. Immer mehr Städte und Landkreise machen recht aggressiv Jagd auf Temposünder, nicht nur zur Sicherung des Verkehrs, sondern natürlich auch zum Füllen des eigenen Haushaltes.

Viele Betroffene sind der Meinung, eine Geschwindigkeitsmessung könne nicht angegriffen werden, so dass sie das entsprechende Bußgeld oftmals ohne jeglichen Widerstand akzeptieren. Gegenteiliges, das nämlich sehr häufig für den Betroffenen positive Ergebnisse erzielt werden, lässt sich jedoch aus unserer rechtsanwaltlichen Praxis ersehen.

Denn neben formalen Fehlern, Problemen bei der Identifizierung des Fahrzeugführers aufgrund von schlechten Messbildern, ist auch immer die grundsätzliche Fehlerhaftigkeit einer Messung, insbesondere bei mobilen Messsystemen, ein Einfallstor für die rechtsanwaltliche Verteidigung.

Entsprechend kann ich nur dazu raten, gerade wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht, einen entsprechenden Vorgang in die rechtsanwaltliche Prüfung zu geben.

Gerade bei der Messung als solche passieren immer wieder zum Teil grobe Fehler durch oftmals schlecht oder gar nicht geschulte Messbeamte bzw. einfach dadurch, dass sich aufgrund der Häufigkeit von Messungen Fehler einschleichen.

Diese Fehler aufzudecken ist eigentlich die Aufgabe des Gerichts, in der Praxis jedoch im Grunde lediglich Aufgabe der Verteidigung, da die Gerichte eine Ordnungsgemäßheit der Messung letztlich fast immer unterstellen. Daher ist es umso notwendiger den Akteninhalt der Bußgeldakte mit den Anforderungen der Bedienungsanleitung bezüglich der Ordnungsgemäßheit der Messung in Abgleich zu bringen. Ob der Betroffene oder der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Einsicht in diese Bedienungsanleitung hat, ist seit Jahren heftig umstritten.

Gleiches gilt für die Frage, ob dem Rechtsanwalt sowie den Betroffenen Einblick in die Rohmessdaten der entsprechenden Messung gewährt werden muss, da nur über diese Daten eine Prüfung der Messung auf ihre Ordnungsgemäßheit möglich ist. Diese Frage wird von den Gerichten in der jüngsten Rechtsprechung sehr kontrovers diskutiert. Dabei ist zu erkennen, dass vor allen Dingen in der Rechtsprechung der Amtsgerichte die Tendenz überwiegt, einen entsprechenden Antrag der Verteidigung stattzugeben. Demgegenüber obwiegt derzeit noch die obergerichtliche Rechtsprechung, wonach die Rohmessdaten nicht zwingender Aktenbestandteil sind und daher der Verteidigung und den Betroffenen nicht zur Verfügung gestellt werden müssen.

Diese Rechtsprechung ist insofern misslich und zudem auch denkunlogisch, da wie bereits beschrieben, die Gerichte letztlich eine Ordnungsgemäßheit der Messung unterstellen und der Verteidigung abverlangen, Gegenteiliges nachzuweisen bzw. etwaige Fehler aufzuspüren. Gleichzeitig aber wird der Verteidigung nicht das notwendige Mittel in die Hand gegeben, um diese Fehler überhaupt aufspüren zu können, nämlich eben oftmals die fehlende Bedienungsanleitung und/oder die fehlenden Rohmessdaten.

Dass eine solche Rechtsprechung für den Betroffenen schädlich ist und diesem einen Vortrag in der Sache abverlangt, dem dieser mangels entsprechender Information gar nicht leisten kann, hat nunmehr der erste Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Celle in einer sehr lesenswerten Entscheidung verbrieft.

Demnach ist es angezeigt, dass das Gericht den Betroffenen auf dessen Antrag hin die entsprechenden Daten zur Verfügung stellt bzw. wenn diese Daten nicht Teil der Bußgeldakte sein sollten, eben dafür sorgt, dass die Daten auf anderem Wege zum Betroffenen gelangen.

Die Entscheidung des OLG Celle ist damit eine der wenigen obergerichtlichen Entscheidungen zu diesem Thema, welche im Sinne des Betroffenen positiv beschieden wurde.

Aufgrund der regional doch sehr unterschiedlich ausgeprägten Entscheidungslage in den jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirken hat sich am Ende auch die Verteidigung hierauf einzustellen und letztlich an die örtlichen Begebenheiten anzupassen, bis eine etwaige höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema vorliegt.

Entsprechend ermöglicht die jetzige Entscheidung des Oberlandesgerichts zumindest im hiesigen Oberlandesgerichtsbezirk der Verteidigung einen weiteren größeren Fuß in die Tür zu bekommen, wenn es darum geht, Messfehler aufzuzeigen und im Gerichtstermin günstige Ergebnisse zu erzielen.

Es ist zudem auch nicht ausgeschlossen, dass die Amtsgerichte eher dazu tendieren werden, kleinere Verstöße mittels einer Herabsenkung des Bußgeldes auf 55 EUR (dann werden keine Punkte eingetragen) zu begegnen, um den großen Aufwand der Herbeischaffung von Rohmessdaten zu umgehen.

Umso mehr ist es derzeit angezeigt, Messungen kritisch zu hinterfragen und nicht als unangreifbar hinzunehmen, denn dies sind sie oftmals nicht.

Wurden Sie daher geblitzt, weil Sie zu schnell gefahren sind, ein Rotlicht missachtet haben, oder einen zu geringen Abstand auf der Autobahn eingehalten haben, so wenden Sie sich gern an unsere Kanzlei. Die helfen Ihnen gerne weiter.

Wer Opfer einer Straftat geworden ist, hat weitreichende Rechte. Sei es auf zivilrechtlicher, auf sozialrechtlicher oder auf strafrechtlicher Ebene. Insofern darf an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, auf unsere beiden Ratgeberartikel unter Kategorie Ratgeber – Opferschutz verwiesen werden.

Welche praktischen Auswirkungen es für das Opfer hat, zivilrechtliche Ansprüche im Rahmen des Strafverfahrens zu verfolgen (sog. Adhäsionsverfahren) sei aber im Rahmen dieses Beitrages einmal kurz dargestellt.

Vor kurzem habe ich einen jungen Mann vertreten, der im Kindesalter Opfer eines schweren sexuellen Missbrauchs zu seinen Lasten geworden ist. Neben ihm war auch noch ein weiterer junger Mann Opfer geworden. Nachdem durch eine dritte Person das Strafverfahren ins Rollen gekommen ist, hatte die Staatsanwaltschaft hier Anklage am Landgericht Verden erhoben. Das Verfahren wurde vor der großen Jugendkammer geführt. Im Rahmen dieses Verfahrens habe ich meinen Mandanten hier im strafrechtlichen Bereich vertreten. Das bedeutet, dass ich für meinen Mandanten entsprechend versucht habe, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen, um für meinen Mandanten günstige Weichen stellen zu können. Dies kann in der Praxis so aussehen, dass z.B. Beweisanträge gestellt werden können oder aber auch ein Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit, was vor allem dann Sinn macht, wenn es um besonders intime Details des eigenen Lebens geht.

Da der Täter sich in diesem Verfahren geständig eingelassen hat, war eine solche umfangreiche Herangehensweise im Strafverfahren diesmal nicht notwendig. Da aber gerade ein schwerer sexueller Missbrauch bzw. die Schilderung desselben für das Opfer äußerst unangenehm ist, habe ich im Rahmen dieses Strafverfahrens die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche meines Mandanten mit abgehandelt.

Aufgrund des Geständnisses des Täters mussten die Opfer nämlich zum eigentlichen Kerngeschehen gar nicht mehr viel aussagen, so dass es ihnen erspart geblieben ist, sich in die damalige Situation noch einmal hineinversetzen zu müssen. Und natürlich mussten sie sich den diversen Fragen vom Gericht, Staatsanwaltschaft oder sogar der Verteidigung nicht stellen. Diese Situation wollte ich natürlich für meinen Mandanten nutzen, um auch die zivilrechtlichen Ansprüche in dieser strafrechtlichen Verhandlungssituation zu einem Abschluss zu bringen. Dies hat den Vorteil, dass in einem strafrechtlichen Verfahren damit auch die zivilrechtlichen Ansprüche „abgearbeitet“ werden können, so dass dem betroffenen Opfer die zivilrechtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Rahmen eines gesondert zu führenden Zivilverfahrens, also vor dem Zivilgericht, komplett erspart bleibt.

Und so wurde, noch bevor die Plädoyers im Rahmen des Strafverfahrens überhaupt gehalten wurden, für die beiden Opfer mit dem Täter ein Vergleich in diesem sog. Adhäsionsverfahren geschlossen. Es wurde ein bestimmter Schmerzensgeldbetrag vereinbart und es wurde auch festgelegt, dass der Täter etwaige zukünftige Schäden, welche heute noch gar nicht abzusehen sind, zu ersetzen hat. Auch über die Kosten dieses Vergleichs wurde eine entsprechende Regelung zu Lasten des Täters getroffen.

Damit konnte, wie in einem Zivilverfahren, eine Regelung herbeigeführt werden, ohne dass das Opfer sich einer zusätzlichen Belastung eines solchen zivilrechtlichen Verfahrens aussetzen musste.

Entsprechend ist es immer sinnvoll, sich zum einen als Opfer auch im strafrechtlichen Verfahren einzubringen und zum anderen auch immer die Möglichkeit des Adhäsionsverfahrens im Hinterkopf zu behalten, da man hier ganz salopp gesprochen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann und sich gerade das Opfer die Strapazen eines zusätzlichen zivilrechtlichen Verfahrens erspart.