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Kerkmann

Der BGH hat mit Urteil vom 03.12.2024, VI ZR 18/24 eine Entscheidung zur rechtlichen Fragestellung im Hinblick auf einen berührungslosen Unfall getroffen.

Es stellte sich die Frage, ob der sogenannte Anscheinsbeweis, dass ein Verkehrsteilnehmer sich nicht sorgfaltsgerecht verhalten hat, auch in den Fällen angenommen werden kann, wo es zu einer Berührung von unfallbeteiligten Fahrzeugen nicht gekommen ist. Die Besonderheit in diesem Fall lag zusätzlich auch noch darin, dass die fehlende Berührung von Fahrzeugen hier nicht zwischen den zwei direkt unfallbeteiligten Fahrzeugen vorlag, sondern zwischen einem der beteiligten Fahrzeuge und einem dritten Fahrzeug.

Sachverhalt:
Der Kläger fuhr in dem vom BGH entschiedenen Fall mit seinem Motorrad auf der Bundesstraße. Vor ihm fuhr ein weiterer Pkw, hinter ihm sein Sohn, ebenfalls auf einem Motorrad. Auf der Gegenfahrbahn befand sich ein Fahrzeug der Müllabfuhr. Hinter dem Fahrzeug der Müllabfuhr befand sich ein Fahrzeug, welches sodann an dem Müllfahrzeug links vorbeifahren wollte und daher auf die Fahrbahn wechselte, auf welcher sich der Kläger sowie das vor ihm fahrende Fahrzeug befanden. Das Fahrzeug, welches an dem Müllfahrzug vorbeifuhr, hatte den Gegenverkehr nicht hinreichend beachtet, so dass der Pkw, welcher vor dem Kläger fuhr, aufgrund des überholenden Fahrzeuges, dem Beklagtenfahrzeug, sehr stark abbremsen musste. Entsprechend musste auch der Kläger abbremsen und kam sodann aus unerklärter Ursache zu Fall. Das Motorrad rutschte am vor dem Kläger fahrenden Fahrzeug vorbei. Zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge kam es nicht.

Der Kläger begehrte in der Folge Schadenersatz und Schmerzensgeld von der Fahrerin des Fahrzeuges, welche das Müllfahrzeug unter Benutzung der Gegenfahrbahn hat passieren wollen.

Außergerichtlich hatte der dortige Kfz-Haftpflichtversicherer jedwede Haftung abgelehnt. Das Landgericht bestätigte diese Rechtsansicht des dortigen Kfz-Haftpflichtversicherers und wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht sah es etwas differenzierter und sprach dem Kläger Schadenersatz auf Basis einer 40 %igen Mithaftung der Beklagtenseite zu.

Das Oberlandesgericht nahm dabei auch an, dass zu Lasten des Klägers ein Anscheinsbeweis greife, dass dieser entweder zu schnell gewesen sei, nicht aufmerksam war oder aber den Abstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug unterschritten habe. Es spiele keine Rolle, dass es zwischen dem Kläger und dem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht zur Kollision gekommen sei, die Grundsätze des Anscheins könnten auch fruchtbar gemacht werden, ohne dass es zu einer Berührung von beteiligten Fahrzeugen komme.

Entscheidung des BGH:
Der BGH hat diese Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts bestätigt. Entsprechend ist nun höchstrichterlich geklärt, dass die Grundsätze des Anscheins in den entsprechenden Konstellationen auch greifen ohne Berührung der beteiligten Fahrzeuge. Gleichwohl hatte der BGH die Entscheidung des OLG aufgehoben, da das Oberlandesgericht den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt hatte. Ein Rückgriff auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises zu Lasten des Klägers waren dem Oberlandesgerichts nämlich noch nicht möglich, da es an einer entsprechenden Aufklärung fehlte.

Insofern konnte der BGH eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht treffen und spielte den Ball an das Oberlandesgericht zurück. Dort angekommen, wurde das Verfahren sodann zwischen den Parteien verglichen, ohne das abschließend geklärt wurde, ob die Grundsätze des Anscheins in dem Fall überhaupt zu Lasten des Klägers hätten verwandt werden können und ohne dass eine konkrete Haftungsquote zwischen den Parteien festgestellt worden ist.

Fazit:
Die Sorgfaltspflichten, die ein Verkehrsteilnehmer zu beachten hat, gelten also nicht nur zwischen den konkret unfallbeteiligten Fahrzeugen, sondern auch gegenüber dritten Fahrzeugen. Hierbei kann, auch bei berührungslosen Vorgängen, auf die Grundsätze des Anscheinsbeweis zurückgegriffen werden. Voraussetzung ist natürlich , dass der entsprechende Unfallsachverhalt ausreichend ausermittelt wurde.

 

Das Landgericht Frankfurt ( am Main ) hat einen Fall entschieden, in welchem ein Dritter Geld auf ein Konto des Betroffenen überweisen wollte, dieses Geld aber auf einem fremden Konto landete und der Betroffene sodann Auskunft von der dortigen Bank begehrte im Hinblick auf die Daten des Kontoinhabers.

Ob ein solcher Auskunftsanspruch gegen die Bank besteht und ob die Bank eventuell gegenüber dem Betroffenen sogar direkt haftet, wurde vom Landgericht Frankfurt entschieden. Diese Entscheidung wurde durch das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt.

Sachverhalt:
Der Betroffene hatte gegenüber seinem Finanzamt einen Anspruch auf Steuererstattung in signifikanter Höhe. Versehentlich hatte er in seiner Steuererklärung jedoch eine Kontoverbindung angegeben, die ihm nicht mehr gehörte. Es handelte es sich also um ein Konto, dass er einmal bei einer Bank hatte, seit einiger Zeit war die entsprechende Geschäftsbedingung aber beendet gewesen.

Es kam, wie es kommen musste. Das Finanzamt überwies die Steuererstattung auf dieses alte Konto des Betroffenen, der natürlich auf den Fehler erst aufmerksam wurde, als das Finanzamt seine Überweisung bereits getätigt hatte.

Der Betroffene hatte sich dann zunächst an seine ehemalige Bank gewandt, mit der Bitte um Mitteilung der Daten des etwaigen neuen Kontoinhabers. Die Bank zeigte sich hierauf hin aber sehr zurückhaltend und verwies entsprechend auf das Finanzamt, welches einen sogenannten SEPA-Recall durchführen solle. Das Finanzamt hatte jedoch keinerlei Ambitionen in der Sache irgendwie tätig zu werden. Denn aus Sicht des Finanzamtes hatte man dort Alles richtig gemacht und das Geld genau dorthin überwiesen, wo es hin überwiesen werden sollte. Dass es sich hierbei um eine irrtürmlich eingetragene ältere Bankverbindung des Steuerpflichtigen handelte, interessierte das Finanzamt nicht.

Insofern wurde, da es außergerichtlich nicht weiter ging, eine gerichtliche Klärung herbeigeführt. Die Bank wurde zum einen auf Zahlung des erhaltenden Betrages verklagt. Hierbei wurde damit argumentiert, dass unklar sei, ob die Bank noch Kontoinhaber sei oder bereits eine weitere dritte Person. Zudem obliege es der Bank zu prüfen, ob eine Überweisung auf das richtige Konto erfolgt. Insofern sei es der Bank zuzumuten, nicht nur die IBAN, sondern auch den jeweiligen Empfänger in Abgleich zu bringen.

Darüber hinaus habe die Bank keinerlei Tätigkeit dahingehend entfaltet, den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, das Geld vom möglichen neuen Kontoinhaber zurückzuerhalten. Dieser neue Kontoinhaber sei durch die Bank auch nicht angeschrieben worden. Im Rahmen nachvertraglicher Pflichten hätte es der Bank aber oblegen, zumindest den vermeintlich neuen Kontoinhaber anzuschreiben und darum zu bitten, die Zustimmung zur Rücküberweisung des Geldes zu erteilen.

Hilfsweise wurde ein Auskunftsanspruch dahingehend formuliert, dass die Bank die Daten des neuen Kontoinhabers mitteilen muss.

Die Entscheidung:
Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 11.11.2024 zum Aktenzeichen 2-28 O 702/23 entschieden, dass dem Betroffenen kein Zahlungsanspruch gegen die Bank zusteht. Die Bank sei nur dazu angehalten, die IBAN auf die Richtigkeit zu überprüfen, den Zahlungsempfänger müsse die Bank nicht prüfen. Eine entsprechende Gesetzesänderung erfolge erst im Laufe des Jahres 2025, der Betroffene könne sich hierauf aber nicht berufen, da der Fall entsprechend vor der neuen Gesetzeslage stattgefunden habe.

Darüber hinaus hätte die Bank auch den vermeintlich neuen Kontoinhaber nicht anschreiben müssen. Auch hieraus könne der Betroffene keinerlei vertragliche Pflichtverletzung herleiten. Soweit unklar sei, ob die Bank weiterhin Kontoinhaber sei, müsse der Betroffene hier substantiierter zur weiteren Kontoinhaberschaft der Bank vortragen.

Der Auskunftsanspruch sei aber begründet. Der Betroffene müsse sich nicht darauf verweisen lassen, dass das Finanzamt tätig werden müsse. Der Tätigkeitsanspruch des Betroffenen gegen das Finanzamt sei schwächer ausgeprägt, als der Auskunftsanspruch des Betroffenen gegen die Bank. Daher sei es der Bank zuzumuten, die entsprechenden personenbezogenen Daten des neuen Kontoinhabers mitzuteilen. Dem stehe das Bankgeheimnis nicht entgegen. Diese Entscheidung wurde das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt.

Fazit:
In entsprechenden Konstellationen haben Betroffene damit die Möglichkeit, Auskunftsansprüche gegen die Bank rechtlich durchzusetzen. Das fehlüberwiesene Geld ist damit zunächst nicht verloren, sondern in einem ersten Schritt sind dann halt die personenbezogenen Daten des neuen Kontoinhabers zu ermitteln, der dann in einem zweiten Schritt angeschrieben und notfalls auch gerichtlich zur Rückzahlung des Geldes aufgefordert werden kann. Ein entsprechender Rückforderungsanspruch ergibt sich aus den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung. Ob ein solcher dann aber faktisch durchsetzbar ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Rechtlich hilflos sind Betroffene in diesen Konstellationen aber nicht mehr.

In einem anderen Beitrag, vgl. https://www.kanzlei-hgk.de/schaden-in-der-waschanlage-wer-haftet/ hatten wir bereits über Schäden in der Waschanlage berichtet und die Frage beantwortet, wer für diese haftet.

In einer neuen Entscheidung des BGH vom 21.11.2024, VI ZR 39/24 hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung letztendlich fortgesetzt.

Demnach haftet der Waschanlagenbetreiber für Schäden an Fahrzeugen, die während eines Waschvorgangs in seiner Waschanlage entstehen, wenn die jeweilige Fahrzeugausstattung eine serienmäßige ist.

In dem vom BGH entschiedenen Fall war ein Heckspoiler von einem Fahrzeug während des Waschvorgangs abgerissen worden. Der entsprechende Heckspoiler war serienmäßig an dem Fahrzeug angebracht.

Der BGH entschied, dass die Ursache für die Beschädigung des Fahrzeuges allein im Obhut- und Gefahrenbereich des Waschanlagenbetreibers liege. Das Risiko, dass eine Autowaschanlage für ein marktgängiges Fahrzeug mit einer serienmäßigen Ausstattung nicht geeignet ist, falle eben in genau diesen Obhut- und Gefahrenbereich des Anlagenbetreibers. Insofern ergibt sich dann eine Haftung des Waschanlagenbetreibers für entsprechende Schäden an dem Fahrzeug.

Insofern hat der BGH seine Entscheidung aus dem Jahr 2018 weiter ergänzt, so dass aktuell jedenfalls festzustellen ist, dass bei Beschädigungen von Fahrzeugen mit serienmäßiger Ausstattung in einer Waschanlage grundsätzlich von einer Haftung des Waschanlagenbetreibers auszugehen ist vgl. auch https://www.butenunbinnen.de/videos/bremen-oyten-autowaschanlage-bgh-urteil-haftung-100.html

Wird ein PKW bei einem Verkehrsunfall derart stark beschädigt, dass er nicht mehr fahrfähig bzw. verkehrssicher ist, so kann der Unfallgeschädigte von seinem Unfallgener, der den Unfall verursacht hat, für die Zeit der Reparatur oder Neubeschaffung eines Fahrzeuges entweder die notwendigen Kosten eines Mietwagens oder aber den sogenannten Nutzungsausfall verlangen. Dies ist eine Geldentschädigung für jeden Tag, an dem man ein Fahrzeug nicht nutzen kann.

Für einen unserer Mandanten stellte sich im Rahmen einer Versicherungssache die Frage, ob er eine solche Nutzungsausfallentschädigung gegen seinen Kaskoversicherer geltend machen kann. Dem Mandanten wurde das Fahrzeug gestohlen und obwohl der Schaden zeitnah beim Kaskoversicherer gemeldet wurde, regulierte dieser den Schaden zunächst nicht. Erst eine Klageinreichung führte sodann zur vollständigen Regulierung des Kaskoschadens und erst dann konnte sich der Mandant ein Ersatzfahrzeug anschaffen. Für die Zeit in welcher der Kaskoversicherer in Verzug mit seiner Leistung war bis zur tatsächlichen Regulierung begehrte der Mandant eine Nutzungsausfallentschädigung, da er ja kein Ersatzfahrzeug hatte anschaffen können, da ihm schlichtweg das Geld fehlte.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage musste ich meinem Mandanten aber leider darauf hinweisen, dass eine entsprechende Geltendmachung eines Nutzungsausfallschadens gegenüber dem Kaskoversicherer keine Aussicht auf Erfolg hat. So haben es die Obergerichte bisher entschieden z.B. OLG Hamm, Urteil vom 15.12.2010-20 U 108/10 sowie OLG Koblenz Hinweisbeschluss vom 07.10.2020-12 U 1161/20. Die Rechtsprechung argumentiert nämlich damit, dass ein Nutzungsausfallschaden nur dem gegenüber geltend gemacht werden kann, welcher es verursacht hat, dass man das Fahrzeug nicht mehr nutzen kann. Dies ist hier in dem vorliegenden Fall letztendlich der Dieb gewesen und nicht der Versicherer. Dieser schuldet nur die Regulierung eines Geldbetrages, sodass bei Verzug des Versicherers dann nur entsprechende Verzugszinsen verlangt werden können, nicht aber eine Nutzungsausfallentschädigung.

Insofern war der Mandant eben darauf beschränkt, entsprechende Verzugszinsen geltend zu machen.

Es zeigt sich daher auch in verhältnismäßig überschaubaren Fällen, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts regelmäßig notwendig ist.

 

In einem gerichtlichen Verfahren habe ich einen Mandanten in einer Verkehrsunfallsache vertreten.

Ein Traktor ist gegen die auf dem Grundstück des Mandanten befindliche Mauer gefahren und hat diese zum Einsturz gebracht. Es bestand im Folgenden Einigkeit mit dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Traktors, dass der Wiederaufbau der umgestürzten Mauer teuerer gewesen wäre, als ein kompletter Neubau einer anderen Maueranlage, so dass letzteres sodann geschehen ist.

An den Kosten dieses Neubaus wollte sich der Versicherer dann aber nicht vollständig beteiligen und argumentierte damit, dass durch den Neubau der Mauer ein sogenannter Abzug Neu für Alt vorzunehmen sei. Hierbei handelt es sich um einen Vorteilsausgleich, der immer mal wieder bei beschädigten Gegenständen angewandt wird, wenn dadurch zum Beispiel die Lebensdauer des Gegenstandes verlängert wird.

Das Gericht hatte also die Frage zu klären, ob auch bei einer Mauer ein Abzug Neu für Alt vorzunehmen ist, da die erneute Mauer eine längere Lebensdauer haben könnte, als die zuvor bereits beschädigte ältere Mauer.

Das Gericht verneinte dies nach Einholung zweier Sachverständigengutachten und kam zu dem Ergebnis, dass es nicht nur auf die Lebensdauer der erneuerten Mauer ankommt, sondern auch, ob dem Grundstück an sich ein Wertzuwachs durch die Erneuerung der Mauer zu Teil wird.

Dies hatte der gerichtliche Sachverständige verneint, so dass das Gericht unter Bezugnahme auf gerichtliche Entscheidungen anderer Gerichte entsprechend einen Abzug Neu für Alt in dem vorliegenden Fall verneinte und dem Mandanten die nicht regulierten Beträge zusprach.

Insofern ist es angezeigt, nicht vorschnell von einem Abzug Neu für Alt auszugehen. Denn es gibt durchaus Konstellation, sowie hier, bei denen ein entsprechender Abzug nicht angezeigt ist. Auch kann es durch entsprechende Abzüge zu unbilligen Ergebnissen kommen, Stichwort sind hier sogenannte aufgedrängte Bereicherungen, so dass auch entsprechende Konstellationen zu korrigieren sind. Auch in diesen Fällen sind die entsprechenden Abzüge nicht rechtmäßig.

So hatte in einem anderen Fall das Amtsgericht Walsrode einen Abzug Neu für Alt hinsichtlich der Erneuerung einer Notrufsäule auf der Autobahn abgelehnt, da entsprechende Notrufsäulen nur turnusmäßig mit Erneuerung des Straßenkörpers erneuert werden und der neuen Notrufsäule damit keinen Mehrwert für den Autobahnbetreiber zukommt.

Die beiden Fälle zeigen recht deutlich, dass man nicht pauschal entsprechende Abzüge vornehmen kann, wie es die Versicherer gerne tun, so dass jeder Einzelfall letztendlich rechtsanwaltlich geprüft werden sollte.

 

Das Verwaltungsgericht Berlin hat vor kurzem mit Urteil vom 28.10.2022, VG 4 K 456/21, eine interessante verkehrsrechtliche Entscheidung getroffen. Hintergrund war ein Fall, in dem ein Betroffener innerhalb von kurzer Zeit, nämlich einem Jahr, 159 Mal falsch geparkt hatte. Die Fahrerlaubnisbehörde hatte dies zum Anlass genommen davon auszugehen, dass der Betroffene zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist und ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Hiergegen wandte sich der Betroffene mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin und zog dort den Kürzeren.

Die Häufigkeit der Parkverstöße, ca. 3 Stück in der Woche, ließen den Rückschluss dahingehend zu, dass der Betroffene eine entsprechende innere Gesinnung entwickelt habe nämlich dahingehend, dass er sich nicht an die entsprechenden verkehrsrechtlichen Regelungen halten wolle, so dass es in der Tat gerechtfertigt sei, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Sofern der Betroffene noch versucht hatte sich dahingehend zu verteidigen, dass er angab, die Parkverstöße nicht selbst begangen zu haben, sondern dritte Personen, ließ das Verwaltungsgericht dies unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.1976, VII C 75/75, ebenfalls nicht gelten, da auch die Tatsache, dass der Betroffene wiederholt Bußgeldbescheide entgegengenommen habe und es dennoch weiterhin zuließ, dass andere Personen mit seinem Fahrzeug entsprechende Parkverstöße begehen, ebenfalls ein Rückschluss dahingehend zuließen, dass von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen sei.

Diese Rechtsprechung mag streng erscheinen, ist aber letztendlich konsequent und auch kein Einzelfall.

Dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg reichten im Jahr 2006 ebenfalls wiederholte Parkverstöße aus. So auch das Verwaltungsgericht München oder auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in einem weiteren Verfahren aus dem Jahr 2017.

Entsprechend kann es auch, wenn Verstöße nicht punktegewährt sind, zu fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen, so dass die Verkehrsteilnehmer auf diese Rechtsprechung entsprechend einzustellen haben.

 

Das Oberlandesgericht Celle hat sich im Rahmen eines Beschlusses zu der Frage geäußert, ob der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher die Gewährleistung ausschließen kann und ob er selbiger entgeht, wenn er den Gegenstand „im defekten Zustand“ verkauft, vgl. Beschluss vom 24.10.22, 7 U 397/22.

Der Fall:

Der Mandant kauft als Verbraucher einen Bagger bei einem Unternehmen. Handschriftlich wird auf dem Vertrag festgehalten, dass die Gewährleistung ausgeschlossen wird. Zudem wird der Bagger verkauft „im defekten Zustand“. Das Landgericht hatte die Klage des Mandanten abgewiesen, der Gewährleistungsausschluss greife, zudem sei der Bagger als „defekt“ verkauft.

Die Lösung des OLG Celle:

Diese Auffassung wurde vom Berufungsgericht nicht geteilt.

Zum einen ist es aufgrund gesetzlicher Regelegungen nicht zulässig, die Gewährleistung beim Verkauf vom Unternehmer an den Verbraucher ( Verbrauchsgüterkauf ) auszuschließen. Dies selbst dann, wenn der Ausschluss individuell erfolgt.

Zum anderen können die Vertragsparteien zwar eine negative Beschaffenheit vereinbaren, also sich darauf verständigen, dass etwas bestimmtes nicht funktioniert. Dies setzt aber voraus, dass auch hinreichend deutlich wird, um was es sich dabei handelt. Die plakative Beschreibung „im defekten Zustand“ würde dem hier nicht gerecht und würde sonst dazu führen, dass der Gewährleistungsausschluss auf Umwegen dann letztlich doch geltend würde. Dies verbietet das Gesetz aber gerade.

Insofern ist es dem Unternehmer beim Verkauf an einen Verbraucher nicht möglich über globale Formulierungen sich aus der Gewährleistung zu stehlen.

 

In einer aktuellen Entscheidung hat sich das Oberlandesgerichts Celle zum einen zum Verhältnis zwischen den sogenannten Schockschäden und dem Hinterbliebenengeld geäußert, zum anderen aber auch zur Höhe eines Hinterbliebenengeldes, vgl. OLG Celle, Urteil vom 24.08.2022, 14 U 22/22.

Was die Schadenregulierung von Verkehrsunfällen angeht, so ist es grundsätzlich einhellige Rechtsprechung, dass Dritte, die also an einem Unfall nicht beteiligt sind, regelmäßig keinerlei eigene Schmerzensgeldansprüche gegen den Unfallverursacher geltend machen können. Denn Zeuge eines vielleicht auch gravierenden Verkehrsunfalls zu werden ist Teil des allgemeinen Lebensrisikos, für den Kfz-Haftpflichtversicherer nicht einzustehen haben. Eine Ausnahme hiervon hat die Rechtsprechung für sogenannte Schockschäden herausgearbeitet. Dies betrifft Fälle, in denen ein naher Angehöriger in der Regel den Tod des Ehemanns oder des eigenen Kindes im Rahmen eines Verkehrsunfall selbst miterlebt. Zu denken ist hier zum Beispiel an einen Motorradfahrer, welcher seine vorausfahrende Ehefrau verunglücken sieht oder aber auch Eltern, die beim Unfalltod des Kindes anwesend sind. In solchen Fällen kann das Miterleben des Verkehrsunfalls und insbesondere der Tod des nahen Angehörigen eigene Schmerzensgeldansprüche des eigentlich nicht unfallbeteiligten Dritten auslösen, was eben unter dem Begriff des Schockschadens von der Rechtsprechung entwickelt wurde.

Voraussetzung um hier Ansprüche geltend zu machen, ist aber regelmäßig zum einen das Miterleben des Unfallgeschehens und zum anderen, dass die Reaktion auf den Unfalltod des Angehörigen über das übliche Maß dessen hinausgeht, was bei der Mitteilung des Todes eines nahen Angehörigen zu erwarten ist.

Zu der Frage, wie hier die möglichen Grenzen zu ziehen sind, hat sich nunmehr das OLG Celle geäußert. Es hat hierbei sodann auch eine Abgrenzung zum vor wenigen Jahren eingeführten Hinterbliebenengeld gegeben. Das Hinterbliebenengeld durchbricht per Gesetz den Grundsatz, dass ein Dritter keinerlei Ansprüche aus einem Verkehrsunfall herleiten können soll dahingehend, dass der Schädiger auch nahen Verwandten eine Entschädigung in Geld für den Tod des Angehörigen zu bezahlen hat.

Nicht geklärt war bislang die Frage in welcher Höhe sich ein solches Hinterbliebenengeld zu bewegen hat. Die Rechtsprechung orientierte sich bisher weitestgehend an den Urteilen die zu den Schockschäden veröffentlicht wurden. Dort wurde regelmäßig ein Betrag von 10.000,00 € als Eingangswert für angemessen erachtet und dieser dann erhöht bzw. reduziert je nach den Einzelheiten des Einzelfalls.

So hat es hier letztlich auch das OLG Celle getan. Es geht auch beim Hinterbliebenengeld von einem Entschädigungsbetrag von 10.000,00 € aus, sofern leichte Fahrlässigkeit zum Tod des Geschädigten geführt hat. Bei grober Fahrlässigkeit wird, wie im entschiedenen Fall, ein Betrag von 15.000,00 € für angemessen gehalten. Bei vorsätzlicher Tötung ein Betrag von 20.000,00 €. Die genannten Beträge sind jedoch nur als Richtschnur zu verstehen und können noch den jeweiligen Spezifika des Einzelfalls angepasst werden.

Insofern dürften für den Bereich des OLG Celle für die weitere Unfallschadenregulierung nunmehr entsprechende Eckpfeiler herausgearbeitet worden sein, so dass zu erwarten ist, dass es in diesem Punkt zukünftig weniger gerichtliche Verfahren geben dürfte. Interessant ist die Entscheidung des OLG Celle auch, da sie eine klare Abgrenzung zum Schockschaden trifft und insbesondere auch dem Geschädigten recht hohe Hürden auferlegt wenn es darum geht, einen Schockschaden erfolgreich geltend zu machen.

Im entschiedenen Fall war der Kläger kurze Zeit nach dem Unfall zum Unfallort gekommen und hatte seinen minderjährigen Sohn tot an der Unfallstelle vorgefunden. Dies hatte den dortigen Kläger erheblich gesundheitlich in Mitleidenschaft gezogen. Nach Auffassung des Senats waren die mitgeteilten Gesundheitsschäden aber nicht stärker einzustufen, als bei einer anderweitigen Mitteilung des Todes des eigenen Kindes. Insbesondere zog der Senat in die Bewertung mit ein, dass der Kläger wohl weiterhin seiner Arbeit hatte nachgehen können.

Insofern hat hier das OLG Celle einen relativ strengen Maßstab angelegt.

Meines Erachtens kann die zu klärende Frage aber nicht daran hängen, ob der jeweilige Betroffene noch arbeiten gehen kann oder nicht. Denn die Frage wie eine Person auf den Tod eines nahen Angehörigen reagiert, liegt letztendlich in der Person dessen der eine solche Nachricht erhält, so dass es wohl verfehlt sein dürfte, die Frage, ob ein Schockschaden vorliegt, weitestgehend daran festmachen zu wollen, ob noch eine Weiterführung der Arbeit möglich gewesen ist. Zumindest aus meiner Praxis ist mir bekannt, dass vielfach der Tod des minderjährigen Kindes auch außerhalb vom Unfallgeschehen nicht verarbeitet werden kann, was insoweit auch Folgen für die eigene Arbeitstätigkeit hat, so dass es in solchen Fällen letztlich ja nahezu nie möglich wäre, einen Schockschaden mit der Argumentation des OLG Celle erfolgreich zu begründen.

Insofern hat das OLG Celle in meinen Augen die Latte hier für den sogenannten Schockschaden zu hoch gelegt. Abzuwarten bleibt, wie sich die weitere Rechtsprechung in diesem Bereich entwickeln wird und insbesondere wie auch der BGH dies einmal entscheiden wird, sofern ein geeigneter Fall dort zu entscheiden sein wird.

 

 

Mit Urteil vom 23.02.2022, 7 O 568/21, hat sich das Landgericht Bremen mit einem Unfallgeschehen beschäftigt, bei dem zwei Radfahrende zusammengestoßen sind.

Anders als bei Verkehrsunfällen mit motorisierten Verkehrsteilnehmern gibt es in solchen Konstellationen eines Zusammenstoßes zwischen zwei Radfahrenden die Besonderheit, dass jeweils der eine Radfahrende eine Mithaftung des anderen Radfahrenden nachweisen muss, da Radfahrende keine sogenannte Betriebsgefahr haben.

Insofern war es an der von mir vetretenen Radfahrerin, welche auf dem Radweg der Hauptverkehrsstraße fuhr, nachzuweisen, dass der aus einer privaten Zuwegung herausfahrende Radfahrer schuldhaft den Unfall verursacht hatte. Hierbei kam der Klägerin ein Anscheinsbeweis zugute, da derjenige, welcher aus einer Grundstückseinfahrt kommt, jedwede Gefährdung anderer ausschließen muss und sich dieses Gebot auch auf Radfahrende erstreckt. Da der Radfahrer diesens Anscheinsbeweis nicht erschütern konnte, entschied das Gericht auf eine vollständige Haftung seiner Person.

Da der Radfahrer ein Mitverschulden meiner Mandantin nicht nachweisen konnte, blieb es bei seiner vollständigen Haftung für das Unfallgeschehen.

 

 

In einem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren hat das Landgericht Bremen entschieden, dass das Vorfahrtsrecht grds. auch dann gilt, wenn der Vorfahrtsberechtigte geblendet wird.

Hintergrund war ein Unfallgeschehen, in welchem der von mir vertretene PKW-Fahrer auf einer Straße fuhr und mit einem vom links unvermittelt die Fahrbahn querenden Radfahrer zusammenstieß. Der Radfahrer war der Auffassung, es bestünde eine Mithaftung des PKW-Fahrers, welcher aufgrund tiefstehender Sonne und Blendung durch diese, nicht rechtzeitig gebremst habe.

Das Landgericht Bremen erteilte dem eine Absage. Der Radfahrer haftet wegen Vorfahrtsverstoßes ( rechts vor links ) zu 100%, LG Bremen, Beschluss vom 03.06.2022, 4 T 104/22

Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Unfall für den PKW-Fahrer eventuell zu verhindern gewesen wäre, da die sogenannte Betriebsgefahr des PKW hinter dem erheblichen Vorfahrtsverstoß des Radfahrenden zurücktrete. Zudem sei auch kein Verschulden des PKW-Fahrers zu erkennen. Dieser habe auf sein Vorfahrtsrecht vertrauen dürfen. Er habe -trotz Blendung durch die Sonne- auch nicht so fahren müssen, dass er für den Fall, dass jemand sein Vorfahrtsrecht missachtet, noch vor der Einmündung hätte anhalten können. Ein Fahrer dürfe zwar nur so schnell Fahren, dass er vor einem bereits auf der Fahrbahn befindlichen Hindernisses rechtzeitig halten kann, dieser Grundsatz des Sichtfahrgebotes gelte aber nicht für den Fall, dass während seiner sichtbaren Annäherung noch Hindernisse in die Fahrbahn geraten. Nur dort, wo mit plötzlichen Verkehr zu rechnen sei, müsse sich der Fahrer auf diesen einstellen. Da einer solcher Fall hier nicht vorlag, war die beabsichtige Rechtsverteidigung des Radfahrenden gegen die Ansprüche des PKW-Fahrers chancenlos, so dass diesem Prozesskostenhilfe versagt blieb.

Der Radfahrende hat die Ansprüche des PKW-Fahrenden nach dem Beschluss des Landgerichts Bremen sodann anerkannt.